Das Leben konfrontiert uns täglich mit ziemlich erfolgreichen Menschen. Sei es unser neuer Chef, der diesjährige Gewinner des Deutschen Buchpreises oder die promovierende Großcousine – Erfolg macht andere nicht nur interessant, sondern auch zu einer Art Vorbild. „Wie schaffen die das bloß?“, fragen wir uns und erinnern uns an die eigenen hochgesteckten Ziele. Dabei ist Erfolg im ersten Schritt vor allem eines: subjektiv. Was wollen wir wirklich erreichen? Nur weil der Kollege 100.000 Euro im Jahr verdient, kann der Erfolgsmaßstab für einen selbst ganz anders angesetzt sein. Erfolg ist individuell. Und solange wir darauf bestehen, Anerkennung mit beruflichem Erfolg gleichzusetzen, werden wir niemals wirklich nach den Sternen greifen.
Dieser Artikel beleuchtet einige – wenn auch längst nicht alle – Definitionen von Erfolg. Zudem gibt er nützliche Tipps an die Hand, mit denen die persönliche Definition leichter zu verinnerlichen ist.
Der unkonventionelle Weg zum Erfolg
Wir könnten es uns jetzt einfach machen, indem wir die drei wichtigen Meilensteine auf dem Weg zum Erfolg verfolgen: Ziele setzen, Ist-Zustand analysieren, handeln. Dieses Vorgehen hat sich bewährt, ich habe es selbst unzählige Male umgesetzt bzw. versucht umzusetzen. Allerdings stoße ich dabei immer wieder auf dieselben Herausforderungen. Denn auch wenn wir diesen Fakt verdrängen, leben wir immer noch in einer Leistungsgesellschaft. Und das bedeutet, dass selbst die nicht an monetären oder beruflichen Erfolg geknüpften Ziele – darunter Glück, Familie, Freunde – häufig permanentes Wachstum von uns erfordern.
Um unsere Ziele zu erreichen, arbeiten wir nicht selten eine To-do-Liste ab. Häufig ist das auch sinnvoll, würden wir sonst nämlich die kleinen Zwischenziele aus den Augen verlieren. Doch Hand aufs Herz: Wie oft sagen wir uns selbst, dass wir erfolgreich sind? Lieber kritisieren wir: „Wenn ich XYZ erreicht habe, DANN bin ich erfolgreich“. All das mag mit unserem Selbstvertrauen zusammenhängen. Vielleicht aber auch mit dem Zwang zum Wachstum, der häufig mit wahrgenommenem Erfolg einhergeht – beruflich wie auch privat.
Legen wir unsere Zukunftsgedanken mal für einen Moment beiseite, machen beim Ist-Zustand Halt und sagen uns: „Wenn ich es mir recht überlege, bin ich erfolgreich – und zwar ohne Wenn und Aber.“ Jede:r von uns leistet Tag für Tag Unglaubliches, für das wir uns viel öfter feiern sollten. Vielleicht haben wir ein Studium abgeschlossen, obwohl wissenschaftliches Schreiben so gar nicht unser Ding ist. Oder Zwillinge großgezogen. Oder uns durchgekämpft, obwohl uns die Familie nie eine helfende Hand gereicht hat.
Haben das Millionen anderer Menschen auch? Ja. Haben es andere besser gemacht? Wahrscheinlich. Müssen wir uns an ihnen messen? Nein.
Welche Entscheidungen zum Erfolg führen – und welche nicht
Trotz dieser zugegeben sehr positiven Sicht auf die Thematik gibt es natürlich auch Situationen, in denen wir keinen Erfolg haben. Spätestens, wenn das Bankkonto rote Zahlen schreibt oder ein Kind den Kontakt abbricht, waren wir in bestimmten Bereichen unseres Lebens – hier Finanzen und Familie – nicht per se erfolgreich.
Doch anstatt einander abzustempeln, könnten wir auch hinter die Fassaden schauen. Ob wir erfolgreich sind oder nicht, hängt immer auch mit den Entscheidungen zusammen, die wir für unser Verständnis von Erfolg treffen. Leider orientieren sich diese Entscheidungen häufig an dem, was wir von unserem näheren Umfeld vorgelebt bekommen, weniger an unseren eigenen Wünschen und Zielen.
Zwei Beispiele: Wollen wir nicht alle mal für einen Tag die Dankbarkeit ernten, die einem Herzchirurgen nach einer erfolgreichen Transplantation zuteil wird? Oder einmal mit Stolz beobachten, wie ein Bonus von 50.000 Euro auf unser Konto flattert?
Ich bin ehrlich: Ich schon.
Aber ich wäre nicht bereit dazu, diese beiden konkreten Wege zum Erfolg zu gehen.
Nur weil etwas gesellschaftlich anerkannt und erstrebenswert ist, muss es noch lange nicht unser Weg zum Erfolg sein. Das fängt schon bei kleinen Dingen – Auto, Kleidung, Reisen – an und erstreckt sich über die Familienplanung bis hin zum Haus- oder Wohnungskauf.
Je mehr wir versuchen, den gesellschaftlichen Normen von Erfolg zu entsprechen – oder wollen, dass unsere Kinder diesen entsprechen – desto schwieriger wird es, den wahren Weg zum Erfolg einzuschlagen. Und zwar den Weg zu unserem Erfolg.
Aus diesem Grund braucht es überlegte Entscheidungen, die wir im Alltag treffen. Unser Bauchgefühl kann trügerisch sein, vor allem wenn es von Social Media & Co. beeinflusst wird.
Was kann ich heute entscheiden, um meiner persönlichen Definition von Erfolg – nicht der meines Partners, meiner Eltern oder Freunde – näher zu kommen?
Wie so oft steckt der Teufel hier im Detail. Tausende Entscheidungen summieren sich zu einem großen Ganzen, das wir und unser Umfeld später als Erfolg oder Misserfolg verbuchen.
Doch mal ehrlich, nach welcher Definition?
Fazit
Der inflationäre Gebrauch des Wortes Erfolg lässt manchmal die Frage offen, was dieser wirklich für uns bedeutet. Denn nicht immer geht es um Wachstum, endlose finanzielle Freiheit, die perfekte Familie oder eine beachtliche Karriere.
Manchmal sind es die kleinen Entscheidungen im Leben, die uns wirklich erfolgreich machen – die Entscheidungen, die sich durch eine einfache mathematische oder soziale Gleichung rechtfertigen lassen. Der Wocheneinkauf im Supermarkt. Das Gesprächsthema am Esstisch. Der nächste Urlaub. Die Zeit, die wir für unsere Lieblingsmenschen einplanen – oder auch für andere Menschen. Die Zeit für uns selbst.
Es braucht nicht immer große Entscheidungen, um unser erfolgreiches Ich zu leben.
Die von der Gesellschaft gelebte Selbstoptimierung kennt Grenzen, wenn wir unsere persönliche Definition von Erfolg aus dem Fokus verlieren. Natürlich können wir immer weiterkommen und das sollen wir auch. Doch im selben Moment braucht es ein Innehalten. Erfolg heißt Ankommen, auch mal zwei Schritte zurückgehen. Vielleicht nach gestern, vorgestern, letztes Jahr – wann auch immer wir uns richtig erfolgreich gefühlt haben.
Meine Meinung: Es geht nicht immer nur darum, auf dem Papier erfolgreich zu sein. Es geht vielmehr um unsere persönliche Vorstellung von einem erfolgreichen und erfüllten Leben. Ein Leben, mit dem wir anderen – vor allem aber uns selbst – nachhaltig und auf eine soziale Weise gerecht werden.