Für mehr soziale Nachhaltigkeit – trotz Krise?

Soziale Nachhaltigkeit Blume in der Hand

In der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte sticht eine Komponente deutlich hervor: die ökologische. Wer heute noch daran zweifelt, dass es grüner, weniger klimaschädlicher Innovation bedarf, dem wird zurecht mangelndes Verantwortungsbewusstsein gegenüber zukünftigen Generationen attestiert. Doch bei all der ökologischen Euphorie wird eine weitere Säule vergessen: soziale Nachhaltigkeit.

Auch – oder vielleicht gerade wegen der – aktuellen Krise stellt sich die Frage, wie wir unsere Gesellschaft in eine gerechtere Richtung steuern, wenn ihre sozialen Baustellen komplexer erscheinen denn je. Wie auch immer die Lösung lauten mag, wir werden eine brauchen.

Warum, das lest ihr in diesem Artikel.

Weniger soziale Nachhaltigkeit, weniger Fairness, weniger Gemeinschaftsgefühl – ein Teufelskreis

Krieg, Inflation, Energiekrise – drei große Themen, welche die Nachrichten im Jahr 2022 beherrschen. Wir sitzen alle im gleichen Boot? Falsch. Die große Mehrheit sieht dabei zu, wie ihre (letzten) Ersparnisse versinken, während Krisengewinner es sich gemütlich machen. Aber um die geht es hier nur bedingt. Vielmehr geht es um dich, um mich und um unseren individuellen Maßstab. Und den holen wir gerne mal hervor, einmal mehr in Krisenzeiten.

„Barmherzigkeit ist leichter zu üben als Gerechtigkeit“, sagte einst der französische Nobelpreisträger Sully Prudhomme. Das unterschreibe ich gerne. Denn: Totale Gerechtigkeit ist wie die Utopie einer kriegsfreien Welt. Auch, wenn unser Einkommen bei gleicher Stundenzahl niedriger ausfällt als das unserer Mitmenschen, sollten wir uns ihnen gegenüber sozial verhalten. Das steht nicht zur Debatte. Die Abwendbarkeit dieser Tatsache hingegen schon. Mal ehrlich, würden wir nicht alle viel barmherziger, viel kooperationsfreudiger, durchs Leben laufen, wenn wir von vornherein ein faireres Los gezogen hätten?

Soziale Nachhaltigkeit ist genau das: faire Bezahlung, menschenwürdige Arbeit, Chancengleichheit. Wie im Rest der Welt herrscht auch in Deutschland eine Menge Luft nach oben. Doch solange sich die Mehrheit weigert, dieses Vakuum zu stopfen – oder erst die Stimme dagegen zu erheben – wird uns ein solcher Status Quo begleiten wie dieses ungute Gefühl, welches die Krise nun mal mit sich bringt. Soziale Nachhaltigkeit braucht laute Chöre, die sich erheben, um für die Gemeinschaft einzustehen. Soziale Nachhaltigkeit braucht Führungskräfte, die den Profit der Gesellschaft über ihren eigenen stellen. Nur so werden wir vermeintliche Gerechtigkeit nicht bloß auf dem Papier lesen, sondern auch spüren.

Der universelle Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit kann uns helfen, als Gemeinschaft zusammenfinden – vor allem jetzt. Er darf kein „Nico-to-have“ darstellen, sondern muss mindestens den gleichen Stellenwert einnehmen wie sein ökologischer Counterpart.

Wir sollten nicht zögern, nur weil der Wind nicht ideal steht.

„Soziale Rezession“ als Chance

Glauben wir führenden Wirtschaftsforschungsinstituten, ist die große Party bald vorbei. Die Möglichkeit einer Rezession schwebt wie eine pechschwarze Wolke über uns. Rezession – der Begriff, der überzeugten Kapitalist:innen einen Schauer über den Rücken jagt. Fakt ist: Wir werden nicht drumherum kommen. Fakt ist aber auch, dass wir nach ihr neue Kraft schöpfen müssen.

Die sozialen Folgen einer schrumpfenden Wirtschaft beginnen im Kleinen. Ironischerweise werden steigende Lebenshaltungskosten nach sich ziehen, was jede:r Umweltaktivist:in begrüßen dürfte: Können wir uns weniger leisten, sinkt der Konsum. Gut für den Planeten Erde, nicht wahr? Erst einmal ja. Doch langfristig gesehen bringt es der Erde herzlich wenig, wenn ihre Bewohner mit hängendem Köpfen durch die Gegend laufen und nicht den geringsten Anreiz verspüren, nachhaltig etwas zu verändern. Augen zu und durch, und danach „back to business“? Bei so viel Naivität ächzt das Klima nur noch mehr.

Was fehlt, ist eine gute Kommunikation. Ja, wir werden uns auf „ein bisschen weniger“ einstellen müssen. Weniger essen gehen, weniger shoppen, weniger Urlaub, weniger heizen. Wird so kommuniziert? Schon, jedoch mit einem Stirnrunzeln tiefer als der Grand Canyon. Wir können schimpfen und fluchen – aber es kommt, wie es kommt. Und jede:r von uns wird ein Päckchen zu tragen haben. Doch was machen wir mit diesem Päckchen? Hören wir auf das Flüstern im Ohr, welches uns von klein auf eingetrichtert hat, dass wir wachsen müssen? Uns weiterentwickeln müssen? Konsumieren müssen? Und das jede Stunde, jeden Tag. Oder ziehen wir die Möglichkeit in Betracht, dass eine vorübergehende „soziale Rezession“ nicht unseren persönlichen Ruin bedeuten muss? Oder dass – ich wage es kaum zu schreiben – Stagnation eine Chance sein könnte.

Eine Chance uns auf das zu besinnen, was wichtig ist. Was wir wirklich ändern wollen. Was uns sozial wünschenswert erscheint – für die langfristige Zukunft.

Fazit

Zugegeben, in Krisenzeiten heißt es erst einmal, sich warm einzupacken und über die Runden zu kommen. Die vorgestellten Denkanstöße sind da eher unbequem. Genau dieses Verhalten ist es, das Krisen so zäh erscheinen lässt: Man wartet auf einen Ausweg, um danach fortzufahren wie bisher. Doch ein „Weiter so“ erweist sich in den meisten Fällen als Trugschluss.

Unser Akzeptanzlevel fällt mit jeder Krise. Dem wäre weniger so, würde der sozialen Komponente des Nachhaltigkeitsbegriffs endlich die notwendige Beachtung geschenkt. Mit einer gerechteren Gesellschaft ließen sich Hürden leichter überwinden und Gegenmaßnahmen effektiver steuern.

Ja, Krisen fordern eine Menge von uns. Dennoch dürfen sie niemals als Entschuldigung dienen, soziale Nachhaltigkeit strukturell zu vernachlässigen.

Denn die nächste Krise wartet schon.

Spannend? Dann schaut auch einmal hier vorbei: 3 Social Transformations That Will Truly Help Future Generations

Texterin für Wirtschaft, Gesellschaft und Nachhaltigkeit

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